Asambura Ensemble
MULTIKULTURALITÄT – INTERKULTURALITÄT – TRANSKULTURALITÄT
„Asambura“ – ein Anagramm der tansanischen „Usambara“berge mit ihrem Blick in die unendlichen Weiten – steht dafür, über den eigenen Horizont zu blicken.
Das ASAMBURA-Ensemble (2013 vom künstlerischen Leiter Maximilian Guth gegründet) besteht aus Musikerinnen und Musikern unterschiedlicher Herkunft und kultureller Zugehörigkeit. ASAMBURA interpretiert und kontextualisiert klassische Musik mit interkulturellen und interreligiösen Perspektiven neu. Dabei sind wir immer auf der Suche, vertraute Klänge innovativ hörbar zu machen und vermeintlich undenkbare Brücken zu schlagen. In bewusster Reibung mit der kulturell diversen sozialen, gesellschaftlichen und politischen Gegenwart entwickeln wir eine moderne Klangsprache.
Gleichzeitig ist Asambura auch ein Kollektiv, das den Gedanken von konstruktiven Dialogen verschiedener Kulturen und Religionen vermittelnd und kooperativ weiterträgt.
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EIN VIELFÄLTIG KULTURELLER ZYKLUS ÜBER EINSAMKEIT UND BEGEGNUNGEN NACH SCHUBERTS WINTERREISE UND PERSISCHER KUNSTMUSIK
WAS IST HEIMAT? In Schuberts Liederzyklus begegnen wir einem Reisenden: einem Fremden, einem Heimatlosen, einem unglücklich Verliebten, einem ziellos Umherziehenden, im Spannungsfeld zwischen seinen Träumen und bitterer Wirklichkeit, zwischen kalter Realität und wärmender Erinnerung.
Asambura verbindet Schubert mit persischen Gedichten und Klagemeditationen über Fremdheit, Flucht, Sehnsucht und Einsamkeit und entwickelt damit einen neuen, melancholischen Zyklus mit einem Hoffnungsschimmer:
Der Wunsch nach Zugehörigkeit und Heimat verbindet die Menschen verschiedener Kulturen auf ihrer persönlichen Winterreise.
„Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus“ – im Hinblick auf die Heimatlosigkeit so vieler Menschen auf der Flucht ist dieser neu interpretierte Liederzyklus hochaktuell.
Kompositorische Neuinterpretation • Maximilian Guth
Konzept • Maximilian Guth & Ehsan Ebrahimi -
Die MISSA MELASUREJ ist ein interreligiöser Zyklus, ein Zusammenwirken von Musikerinnen und Musikern unterschiedlicher Kulturen und religiöser Hintergründe, auch die Komposition entstand im interkulturellen Dialog.
MELASUREJ ist eine Wortspiegelung von Jerusalem: Die lateinischen Buchstaben (analog zur Sprache der römisch-katholischen Kirche) werden von rechts nach links „gespiegelt“, was an die Leserichtung im Hebräischen und Arabischen erinnert. Jerusalem gilt mit einer Vielzahl von Synagogen, Moscheen und Kirchen als spirituelles Zentrum von Judentum, Christentum und Islam. Gleichzeitig erinnert uns Jerusalem als Stadt im politischen Brennpunkt des Nahostkonflikts an Szenen der Gewalt und an die Zerstörungskraft des religiösen Fanatismus.
Die Neukompositionen von Maximilian Guth, Ehsan Ebrahimi, Justus Czaske und Abdulrahim Aljouja reflektieren Palestrinas Missa Papae Marcelli neu und verbinden sie mit religiös-kulturellen Musiktraditionen aus Judentum, Islam und Christentum.
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MessiaSASAmbura auf Soundcloud
MessiaSASAmbura konfrontiert in einer kompositorischen Neuinterpretation G. F. Händels „Messiah“ mit Elementen der vielfältigen tansanischen Musik. Dabei entsteht Musik voller energetischer Brüche und Überlagerungen – wie zirkuläre, patternartige Rhythmen im Dialog mit Chören aus Händels Oratorium. Auf diese Weise setzt sich MessiaSASAmbura auch mit der Kolonial- und Missionsgeschichte Tansanias künstlerisch auseinander.
Das Andersartige der verarbeiteten Musikstilistiken wird als Chance für einen Dialog begriffen, Spannungen zwischen den unterschiedlichen Ästhetiken werden ausgelotet und bleiben bestehen.
Barock interagiert mit Klangfarben, Formen und Rhythmen außereuropäischer Musikkulturen, von tiefen Querflöten über präpariertes Klavier, ponticello-Streicher und Marimba bis hin zur westafrikanischen Kora, arabischen Oud, Udu Drum, Mbira und Djembe und wird in einen künstlerischen Diskurs gestellt.
Komposition • Maximilian Guth (nach Georg F. Händel)
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Ein Zyklus über Vergangenheit & Gegenwart. Akustik & Elektronik. zwischen iranischen und europäischen Musiktraditionen.
Ehsan Ebrahimis elektroakustische Musik kommt aus dem Schmerz. Schmerz ist das Zentrum – unabhängig von individuellen Lebensumständen und universell gültig für jedes Leben, immer und überall. Schmerz ist unvermeidbar, gehört existentiell zum Leben wie auch der Tod. Schmerz ist ungleich umfassender und abstrakter als Trauer.
Schmerz in der Einsamkeit allerdings ist besonders. Schmerz in der Einsamkeit kann sich mit nichts und niemandem verbinden. Ein solcher Schmerz braucht Verbindungen, die aus der Einsamkeit herausführen. Der Zyklus POLYpontes sucht solche Verbindungen. Die Pole, zwischen denen POLYpontes Brücken schlägt, zeigen sich als Orientierungspunkte in der vielfältigen, widersprüchlichen und verwirrenden Landschaft, in der eine sehr spezifische Einsamkeit erwächst – die Einsamkeit von Fremdheit, Entwurzelung, Heimat-Verlust und Sehnsucht.
Die Brücken in POLYpontes bilden ein mehrdimensionales Netz von einander über- und unterkreuzenden Verbindungen. Auf den Wegen über die Brücken begegnen und berühren sich ursprüngliche Gegensätze.
Klassische Musik Mitteleuropas trifft auf traditionelle Volksmusik des Khorasan (einer heute dem Nordost-Iran zugerechneten Region, deren Jahrtausende alte Geschichte von immenser kultureller und religiöser Vielfalt zeugt). In dieser alten persischen Musik wiederum findet sich ein Echo „Alter Musik“ Mitteleuropas wieder. Alte Musik kontrastiert ihrerseits mit dem Klang zeitgenössischer Musik, welche den Spannungsbogen zwischen elektronischen und akustischen Klängen in sich trägt.
POLYpontes spielt mit der Unterscheidung von wahren und verfremdeten Klängen und setzt für die Mischung der Klänge neben elektronisch abgemischten akustischen Instrumenten auch Liveelektronik ein. Im letzten Satz findet Ehsan Ebrahimi Inspiration im 2. Satz von Beethovens 7. Sinfonie, einem Trauermarsch, der einer instrumentale Prozession in düsteren Orchesterfarben gleicht. Diese Komposition von Beethoven wiederum bezieht sich auf den historischen Pavane-Rhythmus, den später auch Schubert in seinem Werk ‘Tod und das Mädchen’ aufgreifen würde. In ‘Sarina’ schafft diese Verbindung über Raum und Zeit hinweg eine musikalische Brücke, die die Erinnerung zu einem lebendigen Denkmal erhebt und gleichzeitig die zeitlose Kraft und Bedeutung der Musik eindrucksvoll hervorhebt.
Eine wiederholungsreiche Vielzahl rhythmischer Pattern erzeugt einen Groove, welcher womöglich auf die Beantwortung der Frage zutreibt, wie denn Verbindung entstehen kann – wie also der Schmerz den Weg aus der Einsamkeit finden könnte. In Ehsan Ebrahimis Komposition führt dieser Weg über mehr als nur eine Brücke – hin zu der Gemeinsamkeit des unvermeidbaren Schmerzes aller. Der Zyklus POLYpontes endet also mit einer Friedensvision.
Jedes der Stücke von POLYpontes ist einem von fünf Menschen gewidmet, die im letzten Jahr in der Revolution im Iran starben:
Mohammad Hosseini wurde 40 Jahre alt. Er war so einsam in seinem Leben, dass es nach seiner Hinrichtung niemanden gab, der seine Leiche hätte begraben können.
Kian Pirfalak starb im Alter von 9 Jahren. Sein Traum war es, ein Wissenschaftler zu werden.
Die 22-jährige Mahsa Jina Amini war die erste Tote der letzten Revolution. Sie starb, weil sie ihr Haar nicht bedeckt hatte.
Nika Shakarami wollte singen. Sie wurde nur 17 Jahre alt.
Das Leben von Sarina Esmailzadeh dauerte 16 Jahre – es hätte langes und ein besseres Leben sein sollen.
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LUX PERPETUA erforscht den komplexen Kosmos eines scheinbar wohlvertrauten aber immer neu rätselhaften und tiefgründigen Fragments: Mozarts berühmtes, durch seinen frühen Tod unvollendet gebliebenes Requiem. Mozarts Introitusspannt den Bogen zwischen ewiger Ruhe (requiem aeternam) und ewigem Licht (lux perpetua).
Aeterna oder perpetua? Ewig dauernd oder unendlich wiederkehrend?Komposition • Maximilian Guth (nach Wolfgang Amadeus Mozart)
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Eine Musik wie ein Rätsel: In „The Unanswered Question“ von Charles Ives (1906 komponiert) intoniert die Solotrompete sieben Mal unverändert die „ewige Frage des Seins“. Vier Holzbläser unternehmen in zunehmend dissonanter Unruhe Antwortversuche, die letztlich in den durchgehend konsonanten Streichersatz der „Schweigsamkeiten der Druiden“ münden. So rätselhaft beschrieb es Ives selber im Vorwort zu einer späteren Neuauflage seiner Komposition (UA 1946). Mit der asambura-typischen Experimentierfreude entsteht in [un]questioned answer ein expressives, eminent energiegeladenes Konzert zwischen klanglich neugedeuteten und rekontextualisierten Werken von Charles Ives, György Ligeti, Steve Reich, Luca Marenzio, Béla Bartók, Daniel Moreira und Maximilian Guth.
Gegensätze zwischen „natürlich“ erzeugten instrumentalen Farben (Holz, Metall: Marimba, Flöte, Santur) und „künstlich“ erzeugten (Elektronik: E-Gitarre, Synthesizer, elektronische Santur) spielen dabei eine besondere Rolle.Der Zyklus [un]questioned answer unternimmt es, mehr als nur einen Bogen ins Heute zu spannen. Er lädt ein, einen Kreis zu schließen, dessen ewige Schwingung auch weit zurückliegende Vergangenheit berührt.
Manche der Stücke des Zyklus‘ zitieren oder reflektieren die Natur, aber keines versucht, ihr Fließen zu illustrieren. Jedoch sind alle kompositorisch so fluide wie auch „The Unanswered Question“. Sie arbeiten mit nur scheinbar dissonanten Überlagerungen, mit sich nur scheinbar zufällig ereignenden konsonanten Begegnungen.
Vielleicht ist solche Musik einem Paralleluniversum vergleichbar, in welchem Kunst – in ihrer Entstehung, ihrer Performanz und ihrer Wahrnehmung – das Unerwartete, das nicht Beherrschbare, nicht nur zulässt, sondern sogar wünscht und den Raum dafür öffnet.
Diese Musik behauptet keinerlei tagesaktuell eindeutig definierbaren Bezug. Sie fordert und fördert aber eine andere, immer noch unvertraute Offenheit für das Unerwartete und seine geheimnisvoll verborgenen Muster.Der Zyklus wird grooven. Es kann etwas Unerwartetes passieren – interagierend mit den Zuhörer*innen und ihrer Natur, in überraschender, notwendig zufälliger Weise.
Komposition • Béla Bartók. György Ligeti. Charles Ives. Luca Marenzio. Steve Reich. Maximilian Guth. Daniel Moreira
Asambura ist Gewinner des renommierten Initiativpreis „Freiheit & Verantwortung“ der Hanns-Lilje Stiftung für die „Bildende Kraft von Kunst und Kultur“ (2021) und erhielt den Förderpreis Musikvermittlung von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und dem Musikland Niedersachsen (2021). Das Album FREMD BIN ICH EINGEZOGEN wurde im Dezember 2020 als Album des Monats im Bayerischen Rundfunk ausgezeichnet und für den OPUS KLASSIK 2021 in drei Kategorien nominiert (Ensemble des Jahres, Komponist des Jahres und Klassik ohne Grenzen).
Seit Ende 2021 darf ich bei Asambura mitwirken.